Vom
4.August
2004 bis Mitte Oktober zierte eine chinesische Bank aus einem Baumarkt den Marburger Marktplatz.
Ein Schnäppchen für 29 Euro erregt die Aufmerksamkeit der Passanten.
Was war geschehen? Hatte
eine chinesische Delegation ein Gastgeschenk dagelassen?
Hatte nicht schon in der Fragestunde im Marburger Stadtparlament am
24.1.2003 die Abgeordnete Gottschaldt gefragt, warum die Bank am oberen
Marburger Marktplatz mal da ist, mal nicht da ist, und wo sie denn sei, wenn sie
nicht da ist, und ob denn die Marburger mal über die Kriterien des Auf-und
Abbaus informiert werden könnten?
Wir vergewisserten uns, daß an der Bank weder Sprengsatz noch
Sirupfallen
angebracht sind, traten näher und entdeckten dieses Schild auf der Bank:
Unglaublich: da haben Marburger Bürger in einer Tag &
Sonne-Aktion einfach eine Bank aufgestellt, nachdem die von ihnen gespendete
Bank nicht dort aufgestellt wurde, wo es zugesagt worden war.
Stattdessen
fanden diese Marburger Bürger nun ihre Bank an einem ganz anderen Ort in der
Nähe wieder, als Ergänzungsmöblierung des Hauses der Romantik.
Da Oberbürgermeister Möller sich in der Presse dahingehend äußerte, daß
die von Mitgliedern der IGMARSS gestiftete Bank nur dort aufgestellt werde (also
künftig den Mitgliedern und Besuchern des Haus der Romantik als Verweilort
dienen wird), forderte die IGMARSS inzwischen den für die Bank gespendeten
Betrag von 400,04 Euro zurück.
Und hier lüften wir das Bankgeheimnis - oder: Über die Kunst und den Frust
der Stadt eine Bank zu schenken:
Die
Kunst, der Stadt eine Bank zu schenken
- eine Anleitung für Spendenfreudige -
Um es vorweg zu nehmen: Das Unterfangen ist
nicht ganz einfach - genaugenommen fast unmöglich.
Doch wenn man die, aufgrund konkreter
Erfahrungen der IGMARSS , etwas komplizierten Formalitäten und
Regelungen einhält, gepaart mit Energie, Ausdauer sowie Beharrlichkeit,
hat man gute Chancen auf Erfolg.
Am Anfang steht
der schriftliche Antrag, am besten gleich mit Vorschlägen, wo die Bank
stehen könnte und der plausiblen Begründung, dass es für Kinder,
Alte, Gehandikapte, die schlecht laufen können und leicht müde werden,
sowie Touristen, die sich die Stadt erlaufen wollen, dabei etwas zum
Verweilen und Ausruhen suchen,kurz - es nun mal viel zu wenig Bänke
gibt.
So geschehen im
August 2002 mit den Unterschriften von vier unerschrockenen Bürgern.
Nach rund einem Monat fragen wir telefonisch an, ob das Schreiben
eingegangen ist. Nach einem weiteren Monat, denn bis dahin wird nichts
passieren, schreiben wir ein zweites Mal, höflich, nie drängend. Wir
warten einen weiteren Monat und nun kommt Bewegung in die Sache. Wir
erhalten Nachricht: um einen geeigneten Stellplatz zu finden, sei eine
ausführliche Begehung erforderlich. Dies geschieht einen weiteren Monat
später .Wir schreiben inzwischen November 2002. Ein Stadtrat, der
Leiter des Amtes für Grünflächen, eine Mitarbeiterin dieses Amtes,
eine Vertreterin des Stadtplanungsamtes, eine Architektin, ein Vertreter
des Verschönerungsvereins sowie drei spendenfreudige
IG-MARSS-Mitglieder besichtigen sieben von 14 möglichen vorgeschlagenen
Stellplätzen.
Nun folgt erst
einmal eine Durststrecke, die ein wenig Geduld erfordert. Zunächst wird
ein ausführlicher Aktenvermerk von Amts wegen erstellt. Nach fast 4
Monaten erhalten wir dann plötzlich und unerwartet den Bescheid, daß
wir nun eine Bank aufstellen dürfen.
Das Bestellen und Liefern zieht sich dann
allerdings weitere 7 Monate hin. Aber wir bezahlen die Rechnung an die
Lieferfirma dann sofort !
Vor dem
Aufstellen werden wir dann gebeten, mit den benachbarten
Geschäftsinhabern in Einvernehmen herzustellen, denn die haben etwas
gegen eine Bank in ihrer Nachbarschaft; vermutlich der Penner wegen.
Nachdem die Wogen dort geglättet sind, werden
wir zum Fotoshooting geladen. Na, wer sagt's denn: nach
knapp einem Jahr steht das gute Stück,
etwas schief zwar aber formschön und edel - kostet auch nicht wenig :
1010 ,00 Euro. Denn die verschiedenen Gremien der Stadt haben bestimmt:
Es darf nur dieses Modell sein !
Die Presse, ein Stadtrat, der
Verschönerungsverein und die edlen Spender der IGMARSS feiern vor Ort
die Installation. Ein Spenderschild darf angebracht werden. Und dann
werden sie ihn spüren, den wohligen Schauer des Erfolgs! Das gibt uns
Mut zur "Zweitbank", zumal wir das Procedere nun
kennen. Bereits im September 2003 signalisiert der Stadtrat
"Ersatzaufstellen am Marktbrunnen erwünscht, da dort gerade beide
Bänke geklaut wurden."
Nun geht es hurtig.
Bestellen durch das Grünflächenamt im November, Liefern nach zwei
Monaten.
Das ist der
Durchbruch, denken wir und bezahlen wieder
sofort!
Dann warten wir -
warten - warten - telefonieren - faxen - schreiben - schreiben noch mal
, noch mal .....................nix passiert!
Doch endlich, Mitte des Jahres erhalten wir
neue Nachrichten. Die Bank sei zwar da, lagere seit Anfang des Jahres im
Dienstleistungsbetrieb in Marburg, aber nun sei eine dritte Bank geklaut
worden und man müsse mit dem Bauamt
und dem Stadtplanungsamt über eine diebstahlsichere
Montage nachdenken. Eine Anzeige an die
Polizei hielt man allerdings für überflüssig ! Der Mut sinkt gegen
Null. Doch dann ein Freudenschrei! Unsere nagelneue Bank wurde montiert
. Leider
nicht diebstahlgesichert
und leider auch nicht am Marktbrunnen, wie zugesagt,
sondern vor dem Haus der Romantik !
Doch, es ist ja auch noch kein ganzes Jahr
vergangen ,wir haben noch Hoffnung. Wer
Zivilcourage, den Hang zu zivilem Ungehorsam und den nötigen
Altersstarrsinn besitzt, bis dahin eine Ersatzlösung zu schaffen, möge
sich bitte bei der IG-MARSS
melden.
Wir haben nämlich die provisorische
Aufstellung einer Bank inzwischen unbürokratisch in die eigenen Hände
genommen .. Die Ersatzbank
-zwar nicht ganz so schick - kostet dafür nur 29,- Euro .Spenden dazu
sind an die IG-MARSS erwünscht. Konto : 60 50 06 BLZ:
52090500.
Denn wie heißt es: Es geschieht nichts Gutes .außer
man tut es!
Jedes Jahr eine Bank mehr in der Oberstadt und
schon ist Marburgs Oberstadt
in 20 Jahren die touristenfreundlichste Stadt.
(G.Haberle) |
Fotos: (C) C.Schreiner
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